Mittwoch, 18. Januar 2017
Ich bin dann mal weg 5
Irgendwann trifft es jeden einmal. Heute hat es mich getroffen:

STREIK


beim NVV.

Die heute benötigte Buslinie 32 fährt den ganzen Tag nicht, einzelne Buslinien werden bestreikt.

Da hat man sich Tagelang auf die heutige Etappe mental vorbereitet und man kann sie nicht durchführen. Das hat mich so demotiviert, das ich heute gar nicht gelaufen bin.

Selbst aufmunternde Worte meiner Frau haben mir nicht geholfen, dass ich einfach eine andere Etappe laufen soll. Das ging einfach nicht. Hat mir mittags mein Schwiegervater am Telefon bestätigt, wenn man sich auf etwas einstellt, klappt was anderes nicht unbedingt. Er hatte jedoch eine sehr gute Idee, die leider zu spät kam: Ich hätte einfach nach Hause laufen sollen! Ja, das wäre gegangen!


Angefangen hatte der Tag mit aufstehen um sieben, 8:14 fuhr der Zug. Ab zum Bahnhof Weimar, dort angekommen war ich erschrocken, wie rappelvoll der Bahnsteig war. Hatte aber Glück, 5 Minuten vor meinen Zug fuhr noch ein anderer. RT fuhr dann vor und meine Augen wurden immer größer. Bahnsteig leer, dafür der Zug rappelvoll mit Schulklassen aus Zierenberg.
Na ja, macht nicht's, noch einen Sitzplatz bekommen und dem Treiben zugesehen.
Am Hauptbahnhof sind die Klassen ausgestiegen, "3A an den vorderen Pfosten, 3B an den zweiten, 3C an den dritten, 3D an den letzten Pfosten. Und da standen sie dann immer zu zweit, schön ordentlich Händchen haltend, hat sich seit meiner Grundschulzeit wohl nicht viel verändert....

Ausgestiegen am Königsplatz, hatte jetzt 20 Minuten Umsteigezeit. Bin dann einmal so um den Stern zur Bushaltestelle rumgelaufen, war pünktlich da. Alle Busse kamen, nur meiner nicht. Vom Streik wusste ich, vereinzelt sollten Busse ausfallen. Also 30 Minuten auf den nächsten Bus gewartet, habe mich ins nächste Cafe für einen Kaffee gesetzt. nach 30 Minuten kam immer noch kein Bus, um unnötige weitere Warterei zu vermeiden habe ich bei der NVV angerufen. "Nein, die 32 fährt heute den ganzen Tag nicht". Na super....

Bin dann anderthalb Stunden so durch die Stadt gelaufen, habe mir mal angesehen, was aus meiner Jugend so an Geschäften übrig geblieben ist: Nur ein Geschäft, Tabakwaren Rocholl am Stern. Noch immer werden im linken Schaufenster Regenschirme angeboten, müssen wohl seit mehr als 40 Jahren dort gut laufen.

Ansonsten ist von den alten Geschäften nichts mehr da, Chinese Mandarin im ersten Stock, Bekleidungshaus Busam, das Kino am Stern, Kneipe der Druckspiegel + HNA neben Spielwaren Pfannkuch, Polster Richter, Bödicker Moden, Kaskade + Bambi, Scheyhing, karstadt, Overmeyer, die Telefonzellen (wann hat man den zum letzten mal eine benutzt geschweige denn eine gesehen?) und Buden am Königsplatz mit dem leckeren Speckkuchen von Silber's und viele mehr. Hey Rudi, nicht sentimental werden.

Die RT zur Heimfahrt kam und ab Richtung Weimar. Am Hauptbahnhof war die RT schön leer aber nicht mehr lange. Wer stand da schön aufgereiht? Natürlich die Schulklassen. Der Zug wurde gestürmt, mein schön leerer vierer Platz war es nicht mehr lange.

Und noch etwas hat sich meiner Grundschulzeit nicht geändert: Das feilschen um die Sitzplätze, wer sitzt neben wem. Es gibt eben einen besonders beliebten Schüler und alle wollen zu ihm "darf ich neben dir sitzen?" und er vergibt dann großzügig die freien Plätze neben sich....

Mir hat sich ein zierliches kleines Mädchen gegenüber gesetzt, ich habe dem Treiben mit einem lächeln zugesehen, hey Rudi, nicht schon wieder sentimental werden......

Die alten Streiche mit der gleich alten Reaktion gibt es immer noch: Von hinten dem Vordermann(jungen) die Bommelmütze vom Kopf reißen, dieser streift sich erst die Haare glatt und fängt dann an um seine Pudelmütze zu streiten "gib sie wieder her", er bekommt sie wieder und wer anderes reißt sie ihm vom Kopf. Wieder die gleiche Reaktion, erst die Haare glatt streichen.......

Die Kinder hatten Hunger und so wurden die Brotdosen raus geholt, von hinten klopft mir einer auf die Schulter und hält mir eine Flasche vors Gesicht "Entschuldigung, könnten Sie mir bitte die Flasche aufdrehen?" Na, wer kann bei so einer guten Erziehung (die des Jungen? Oder meine? Oder sind wir beide gut erzogen, wahrscheinlich) schon nein sagen. Mit einem lächeln die geöffnete Flasche zurück gegeben und ein lächeln zurück erhalten.

Und dann kam mein Highlight des Tages: Das kleine zierliche Mädchen mir gegenüber holte ihre lilafarbene Barbie Brotdose raus. Ich war am überlegen, was da wohl drin ist, Obstschnittchen, ein belegtes Nutellabrot? Nichts von dem.

Sie holte ein großes Stück Ahle Wurscht raus! Ich hätte mit allem gerechnet aber nicht damit. Mädchen, das Stück Wurscht ist doch viel zu groß für dich, kannst mir doch die Hälfte abgeben. Aber sie hat das Riesenstück mit einer halben Scheibe trocken Brot zusammen aufgegessen. Das Mädchen muss aus einem guten Haushalt kommen, wenn es so ein Stück Ahle Wurscht zum Klassenausflug gibt.......


In Weimar ausgestiegen und leicht deprimiert wegen des ausgefallenen Weges den Rest des Tages verbracht. Jetzt ist aber wieder alles gut, morgen geh ich mit meiner Frau shoppen und am Freitag nehme ich einen neuen Anlauf. Bis denn, bin morgen mal weg

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